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Auf dem Fernwanderweg Mare a Mare Sud

Von awo

Der Fernwanderweg "Mare a Mare Sud" führt von Porto Vecchio, im Südosten Korsikas an der Küste gelegen, nach Propriano an der gegenüberliegenden Küste im Südwesten (bzw. nach Borgo, wenige Kilometer von Propriano entfernt). Die Wanderung dauert, je nach Variante, 5 Wandertage mit 6 Übernachtungen oder 6 Wandertage mit 7 Übernachtungen. Wir wählten die "Comfort"-Variante, nämlich "Wandern ohne Gepäck" mit Übernachtung im Doppelzimmer und Halbpension.Während die Wirte den Transport unseres Gepäcks zur nächsten Unterkunft organisierten, hatten wir vom Veranstalter Wegbeschreibungen in deutscher Sprache und Kartenausschnitte erhalten, mit denen wir uns problemlos allein zurechtfinden konnten. Die Länge der Tagesetappen betrug 3 bis 6 Stunden reine Gehzeit bzw. 8 bis 17 km.

Das Gelände ist bergig, der Weg führt aber nicht ins Hochgebirge. Der größte Anstieg war gleich am ersten Tag zu bewältigen, er betrug etwa 1000 Meter. Man muss einigermassen fit sein, aber aussergewöhnliche Schwierigkeiten sind nicht zu erwarten. Keine Schwierigkeit, sondern eher eine interessante Abwechslung ist es, die Bergbäche zu durchwaten (Schuhe ausziehen, Hosen hochkrempeln), die jedenfalls im Mai reichlich Wasser führen. Auch kommt es vor, dass ein umgestürzter Baum überwunden werden muss. Es ist offensichtlich, dass der Weg ständig unterhalten wird, aber solche Geschehnisse sind wohl nicht ganz zu vermeiden. Der Weg ist sehr gut ausgeschildert, so dass man sich eigentlich nicht verlaufen kann, passiert es aber doch, befindet man sich auf der falschen Variante, wie es uns einmal gegangen ist. Wir waren enttäuscht, weil wir zu früh am Ziel waren, nahmen es aber gelassen. Wir legten uns ins Gras und genossen einen sehr schönen Blick auf die Berge der Bavella-Gruppe (die Korsen sagen "Eselsberge", weil eine Stelle an zwei hochgestellte Eselsohren erinnert).

Es gibt kaum eine bessere Methode, das Innere des südlichen Korsikas kennenzulernen, als eine Wanderung auf dem "Mare a Mare Sud". Das Innere ist überraschend grün, wasserreich und landschaftlich abwechslungsreich. Es ist sehr dünn besiedelt. Die Dörfer, die einige der Tagesziele darstellen (die anderen Ziele sind einsam gelegene Berghotels), sind wie das Dorf Aullène in den letzten 100 Jahren von 2000 auf 150 Einwohner geschrumpft, und viele der Einwohner befinden sich bereits im fortgeschrittenen Alter. Korsika, das als viertgrösste Insel im Mittelmeer eine Fläche von 8.722 km² aufweist, hat heute nur 160.000 Einwohner (im Winterhalbjahr). Im Vergleich dazu hat Sardinien zehnmal so viele Einwohner (1,6 Mio.), aber noch nicht einmal die dreifache Fläche (24.083 km²). Das dünn besiedelte deutsche Bundesland Mecklenburg-Vorpommern (23.170 km², 1,8 Mio. Einwohner) ist gerade so mit Sardinien zu vergleichen, aber im Vergleich dazu ist Korsika mehr als 10 Mal weniger dicht besiedelt.

So ist man auf dem "Mare a Mare Sud" verhältnismässig einsam. Anderen Wanderern begegneten wir vornehmlich aus der Gegenrichtung und zwar in der Mittagszeit. Sie hatten da, wie wir, die Hälfte ihrer Tagesetappe zurückgelegt, nur in anderer Richtung. Ihre Anzahl liess sich an wenigen Fingern abzählen.

Auf diesem Wanderweg sind die Klimazonen Korsikas sehr gut zu erleben. Auf ebenen Flächen in Meereshöhe wird Landwirtschaft betrieben (z.B. Korkeichen-Anbau), woran sich die Macchia-Zone anschliesst. Aber auch diese liegt verhältnismässig tief, während sich weiter oben ausgedehnte Kiefernwälder erstrecken (z.B. der Foret d'Ospedale). Allerdings gibt es an anderer Stelle auch in 1000 Meter Höhe Hirtentätigkeit. Dann findet man auch in dieser Höhe eine Macchia-ähnliche Vegetation vor, wobei die Tiere in der Regel frei herumlaufen, so auch die Schweine, die sich im Aussehen wenig von Wildschweinen unterscheiden.

Der "Mare a Mare Sud" bietet auch einige Einblicke in die Archäologie und die rätselhafte Kultur der "alten" Korsen (bevor die Römer kamen). Im Archäologiepark von Cucuruzzu in der Nähe von Levie empfiehlt sich ein Rundgang mit einem "Audio-Guide" (sie werden auch indeutscher Sprache an der Information ausgegeben), auch das Archäologiemuseum in Levie dürfte interessant sein (wir konnten es nicht besuchen, weil es einige Tage geschlossen war). Ebenso hat die lange zurückliegende Herrschaft von Pisa in dieser Gegend Spuren hinterlassen. Das Dorf Lucia di Tallano hat turmartige Häuser, wie sie in alten Dörfern Liguriens oder der Toskana zu finden sind.

Unser örtlicher Veranstalter, bei dem wir über Internet gebucht hatten, hatte unsere Unterkünfte für uns reserviert. Die Spannbreite ging von "sehr rustikal" mit offenem Kaminfeuer und Gewehren an der Wand bis zum "Napoleon-Zimmer" im Gite d'Odysee in Quenza oder einem "Maharadscha-Zimmer" in Lucia di Tallano. Hier ist offensichtlich eine junge Generation mit vielen neuen Ideen am Werk, um auch hier im Landesinneren den Tourismus, der aber kein Massentourismus ist, in Gang zu bringen.

Ausserdem war unser örtlicher - französischer - Veranstalter so fürsorglich, alle Unterkünfte mit Halbpension zu buchen. So kamen wir in den Genuss der französischen Ernährungsgepflogenheiten, die natürlich auch in Korsika gelten. Dies merkte man an beiden Bestandteilen der Halbpension, dem Frühstück (petit dejeuner) und dem Abend- oder Nachtessen (diner). Das Nachtessen wird an einem grossen Tisch von allen Gästen gemeinsam eingenommen, ist sehr kommunikativ (das Essen bietet viele Anknüpfungspunkte fürs Gespräch) und umfasst mindestens 3 Gänge.

Mit diesen Ernährungsgepflogenheiten war es kein Problem, den ganzen Tag zu wandern. Und auch nach Bewältigung des ganzen Mare a Mare Sud war festzustellen: von Abmagerung keine Spur !

Internet-Seite des französischen Veranstalters über Wandern in Korsika auf deutsch: www.wandern-gr20.com/de/

Geschrieben 16.09.2008, Geändert 20.09.2008, 5620 x gelesen.

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